Höchste ukrainische Kirchenehrung für Kardinal Schönborn
Der Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk hat Kardinal Christoph Schönborn die höchste Auszeichnung der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche (UGKK) verliehen. Er zeichnete den Wiener Erzbischof am Dienstagabend mit dem "Orden des Metropoliten Venerabilis Dei Servus Andrej Scheptyzkyj" aus. Die Ehrung fand im Rahmen eines Konzerts im Wiener Stephansdom statt. Der Großerzbischof würdigte am Rande der Auszeichnung gegenüber der Nachrichtenagentur "Kathpress" die Verdienste Schönborns um das ukrainische Volk und seine große Solidarität mit selbigem. Er stehe damit ganz in der Tradition von Metropolit Scheptyzkyj (1865-1944), nach dem die Medaille benannt ist.
Die Auszeichnung wurde zum ersten Mal in der Geschichte der UGKK verliehen. Der Verleihung ging ein entsprechender Beschluss der Bischofssynode der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche voraus. Der Wiener Erzbischof erhält sie "für den unermüdlichen Einsatz für die Versöhnung unter den Nationen, für die Förderung des ökumenischen und interreligiösen Dialogs und der Beziehungen zwischen Kirche und Staat" wie es im entsprechenden Dekret heißt.
Das Konzert und die Ehrung im Stephansdom bildeten den Abschluss eines Festakts am Dienstag, mit dem der Einsatz des früheren Wiener Erzbischofs Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) für die hungerleidende Bevölkerung in der Ukraine 1932/33 gewürdigt wurde. Innitzer war 1933 einer von wenigen westlichen Persönlichkeiten, die gegen die Hungerkatastrophe in der damals sowjetischen Ukraine protestierte und Hilfsmaßnahmen in die Wege leitete.
Nach einem Festakt mit Vertretern der christlichen Kirchen sowie des Judentums wurde im Erzbischöflichen Palais eine Gedenktafel für Kardinal Innitzer und seine Initiative enthüllt.
Beim abschließenden Festkonzert war ukrainische Sakralmusik mit dem nationalen Knaben- und Männerchor der Ukraine "Dudaryk" und der an der Wiener Staatsoper tätigen Mezzosopranistin Zoryana Kuschpler zu hören.
Kardinal Schönborn hat eine sehr intensive Beziehung zur Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche. U.a. ist er als Ordinarius für die Katholiken des Byzantinischen Ritus in Österreich zuständig. Er trägt damit die bischöfliche Letztverantwortung - mit allen Rechten und Pflichten - für Gläubige und Priester dieser Kirchen, die einen Wohnsitz in Österreich haben. Von den bis zu 20.000 Angehörigen der katholischen Ostkirchen in Österreich gehören die meisten der UGKK an. Großerzbischof Schewtschuk würdigte im Gespräch mit "Kathpress" die Sorge und den Einsatz des Kardinal für die unierten Christen in Österreich.
Gedenken an Metropolit Scheptyzkyj
Andrej Scheptyzkyj ist eine der ganz großen Gestalten der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche. Er sei seiner Zeit sowohl mit seinem ökumenischen Einsatz wie auch mit seinen Bemühungen um den interreligiösen Dialog seiner Zeit weit voraus gewesen, so Großerzbischof Schewtschuk im "Kathpress"-Interview. Der Metropolit stand seiner Kirche während zwei Weltkriegen vor und erlebte in seinem Jurisdiktionsgebiet sieben unterschiedliche politische Herrschaften: Österreich-Ungarn, Russland, Ukraine, Polen, Sowjetunion, Nazi-Deutschland und nochmals die Sowjetunion.
Scheptyzkyj wurde am 29. Juli 1865 im damals österreichischen Przemysl geboren. Er studierte in Warschau und Krakau, wurde 1892 zum Priester geweiht und wurde 1896 Abt des Basilianerklosters Lemberg. Kaiser Franz Joseph schlug 1899 die Wahl Scheptyzkyjs zum Bischof der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine vor, Papst Leo XIII. bestätigte die Ernennung am 19. Februar 1899. Die feierliche Bischofsweihe erfolgte am 17. September 1899. Die Ernennung zum Großerzbischof erfolgte am 12. Dezember 1900, und kurz darauf wurde Scheptyzkyj 1901 im Alter von gerade 36 Jahren zum Metropoliten und Erzbischof ernannt. Er war von 1901 bis 1944 Erzbischof von Lemberg und Metropolit der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine.
Vor dem Ersten Weltkrieg war Scheptyzkyj unter anderem bemüht, die mit Rom unierten und die orthodoxen Ukrainer in einem Patriarchat unter der Oberhoheit des Papstes zu vereinigen. Als Befürworter der ukrainischen Unabhängigkeit wandte er sich gegen Unterdrückungsversuche der russischen Regierung, wofür er von 1914 bis 1917 im Gefängnis saß. Später wehrte er sich gegen die die ab 1920 für die galizischen Territorien zuständige polnische Herrschaft (besonders 1938/39).
Scheptyzkyj stand bereits vier Jahrzehnte an der Spitze seiner Kirche, als die Westukraine 1940 zuerst von sowjetischen und dann deutschen Truppen besetzt wurde, wobei die Deutschen zuerst als Befreier von den sowjetischen Besatzern erlebt wurden, was sich freilich rasch änderte. Der über 70-jährige Scheptyzkyj gewährte Juden Schutz vor Verfolgung und versteckte auch Dutzende von ihnen in seiner Residenz und in Klöstern. Er scheute sich nicht, die Gräueltaten der Nazis öffentlich anzuprangern, SS-Führer Heinrich Himmler scheute sich nur wegen des Ansehens des Metropoliten in der Bevölkerung, ihn nicht zu inhaftieren. Allerdings befürwortete der Metropolit auch die Aufstellung einer ukrainischen SS-Division zum Kampf gegen die anrückenden Sowjets.
In seinen letzten Lebensmonaten war der Metropolit mit den Repressionen konfrontiert, die das sowjetische Regime nach dem Einmarsch in Lemberg Ende Juli 1944 ergriff. Scheptyzkyj wandte sich vehement gegen die Kirchenverfolgungen der Kommunisten.
Scheptyzkyj galt als der Patron der Künstler und Studenten und als Pionier der Ökumene. Er pflegte viele Kontakte zwischen den Volksgruppen in der Ukraine, gründete ein Krankenhaus, den ukrainischen Zweig des Redemptoristenordens, das nationale Museum und die Theologische Akademie, die heute als die Vorgängerin der Ukrainischen Katholischen Universität in Lemberg gilt. Nach seinem Tode am 1. November 1944 im Alter von 79 Jahren wurde Scheptyzkyj in der St.-Georgs-Kathedrale in Lemberg beigesetzt. Für den Metropoliten ist seit vielen Jahren ein Seligsprechungsprozess im Laufen.