Griechisch-katholisches Gedenken an die Pseudo-Synode von Lwiw
Wien, 07.03.2016 (KAP) Die Ukrainische Griechisch-katholische Kirche (UGKK) begeht am 8. März das Gedenken an die sogenannten "Lemberger Pseudo-Synode" ("Lwiw Sobor"). Bei dieser Synode vor 70 Jahren wurde die mit Rom in Union stehende Kirche byzantinischer Tradition von den Sowjets aufgelöst und für illegal erklärt. Für die UGKK begann eine Zeit der brutalen Verfolgung und Unterdrückung, die bis 1989 dauern sollte. Das Gedächtnis daran ist tief im Bewusstsein der Kirche und ihrer Gläubigen eingeprägt. Für Österreich hat der griechisch-katholische Generalvikar Yurij Kolasa die Geistlichen und Gläubigen seiner Kirche anlässlich des Jahrestags zum "Gebet für Versöhnung, Heilung und Einheit" aufgerufen.
Die Zahl der "unierten" Gläubigen in Österreich beträgt insgesamt rund 10.000. Gemeinden gibt es in Wien, Graz, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Innsbruck. Die überwiegende Mehrheit gehört der UGKK an, es gibt aber auch Gläubige der rumänischen, ungarischen, slowakischen, serbischen und melkitischen griechisch-katholischen Kirche, für die insgesamt 22 Priester seelsorglich wirken.
Die UGKK ist heute eine der religiös und gesellschaftlich bedeutenden Kirchen in der Ukraine. Sie war 1596 im Rahmen der "Union von Brest" entstanden, als sich ein Teil der orthodoxen Bischöfe zu einer Union mit Rom entschloss.
Nach einer wechselvollen Geschichte - Verbot im zaristischen Russland, aber gleichzeitige Förderung durch die Habsburger in Galizien - hatte die Kirche in der Zwischenkriegszeit in der damals zu Polen gehörenden Westukraine eine große Blütezeit und konnte sich unter der ukrainischen Minderheit in Polen entfalten.
Das stalinistische Regime startete seine Offensive gegen die UGKK schon bald nach der ersten Okkupation der Westukraine (als Folge des Hitler-Stalin-Paktes) im September 1939. Tausende Gläubige, Priester und Ordensleute wurden ermordet, verhaftet oder verschleppt. Als die Deutsche Wehrmacht 1941 die Westukraine eroberte, hofften die Kirchenverantwortlichen auf ein Ende der Unterdrückung, mussten aber bald das wahre Wesen der Nazis erkennen.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs mit der Rückeroberung der Westukraine setzten die Sowjets dann ihre Strategie der Vernichtung der UGKK fort. Am 11. April 1945 wurde Metropolit Josyf Slipyj, das Oberhaupt der Kirche, festgenommen. Es folgte die Verhaftung aller Bischöfe der Kirche. In Folge wurden einige andere Geistliche gezwungen, eine "Initiativgruppe für die Vereinigung der griechisch-katholischen Kirche mit der orthodoxen Kirche" zu gründen.
Vom 8. bis 10. März 1946 fand schließlich die sogenannte Lemberger Pseudo-Synode statt, die von den Sowjets und der "Initiativgruppe" organisiert wurde. Bei der Zusammenkunft wurde einstimmig beschlossen, die Beschlüsse der Brester Synode von 1596 zu annullieren, die Union zu liquidieren, sich vom Vatikan abzutrennen und zur orthodoxen Kirche zurückzukehren.
Wie der griechisch-katholische Generalvikar für Österreich, Yurij Kolasa gegenüber "Kathpress" betonte, belegten die Dokumente der Archive eindeutig, wie diese Pseudo-Synode vom staatlichen Organ, dem NKGB, organisiert und unter massiver Beteiligung der Sowjetbehörden durchgeführt worden sei. Legitime Bischöfe seien daran nicht beteiligt gewesen. Diese seien damals schon alle in Haft gewesen. Deshalb habe diese Pseudo-Synode sowohl aus der Sicht des Kirchenrechts als auch der staatlichen Verfassung keine Rechtsgültigkeit, so Kolasa.
Die UGKK galt in der UdSSR damit offiziell als liquidiert und ihre Pfarren und Gläubigen wurden der orthodoxen Kirche Russlands eingegliedert; diese hatte freilich auch unter den Repressalien der Sowjets zu leiden. Jede seelsorgliche Tätigkeit der griechisch-katholischen Geistlichen galt aber per se als gesetzwidrig.
Damit begann die gewaltsame Verfolgung des griechisch-katholischen Klerus, der Ordensleute und Laien durch die sowjetische totalitäre Maschinerie. Verfolgt wurden alle, die sich den Beschlüssen der Pseudo-Synode widersetzten.
Nach Aufzeichnungen der UGKK wurden von den rund 3.500 Priestern der Kirche aus den Jahren 1945/46 1.500 ermordet oder inhaftiert, 1.100 traten zur orthodoxen Kirche über, 700 flohen ins Ausland und 200 gingen in den Untergrund. Von den 4.488 Kirchen wurden 4.099 an die russische Orthodoxie übergeben, der Rest wurde anderwärtig (aber nicht religiös) genützt. Auch alle 203 Klöster gingen an die orthodoxe Kirche oder wurden zweckentfremdet.
In der Untergrundkirche wurden geheime Gottesdienste in den Privathäusern, an den Wallfahrtsorten und vor den geschlossenen Kirchengebäuden abgehalten. Außerdem spendeten die Geistlichen heimlich die Sakramente. Mönche und Nonnen lebten heimlich in getrennten Gruppen zu dritt oder viert in gewöhnlichen Häusern. Es existierte ein gut ausgearbeitetes Alarmsystem, um etwa über etwaige Gefahren während der Gottesdienste zu informieren. Es gab auch einige geheime Priesterseminare.
Erst 1989 wurde die UGKK im Rahmen der von Michail Gorbatschow eingeleiteten "Perestroika" wieder legalisiert. In der mehrheitlich orthodoxen Ukraine ist heute etwa jeder zehnte Einwohner griechisch-katholisch.
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