Ukrainischer Außenminister Klimkin bei Schönborn
Wien, 21.11.2018 (KAP) Kardinal Christoph Schönborn hat am Dienstagnachmittag den ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin zu einer Unterredung im Wiener Erzbischöflichen Palais empfangen. Klimkin drückte dabei persönlich wie auch im Namen der ukrainischen Regierung seine Dankbarkeit für die Hilfe der österreichischen Caritas für die notleidende Bevölkerung in der Ukraine aus. Unzähligen Menschen, vor allem in der Kriegsregion im Osten des Landes, habe durch die Unterstützung aus Österreich geholfen werden können.
Wie der ukrainische Außenminister weiter sagte, sei es ihm auch deshalb ein besonderes Anliegen gewesen, Kardinal Schönborn zu treffen, um ihm - als Nachfolger von Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) - für dessen Hilfe für das ukrainische Volk in den 1930er-Jahren zu danken. Innitzer war damals eine der ganz wenigen Persönlichkeiten des Westens, die sich mit der Hungerkatastrophe ("Holodomor") in der Ukraine nicht abfinden wollten. Ausgelöst wurde die Katastrophe durch Maßnahmen Stalins gegen die selbstständigen ukrainischen Bauern (Kulaken), die nicht in die Kolchosen und Sowchosen eintreten wollten. Nach Schätzungen forderten die Repressionen der Sowjets allein in der Ukraine bis zu zehn Millionen Opfer. Das ukrainische Parlament verabschiedete 2006 ein Gesetz, wonach der "Holodomor" als "gezielter Akt des ethnischen Genozids gegen das ukrainische Volk" zu behandeln sei.
Innitzer appellierte erstmals am 20. August 1933 an die Weltöffentlichkeit, Hilfe für die Hungernden in die Wege zu leiten. Er rief in Folge eine internationale und interkonfessionelle Hilfsaktion für die Hungeropfer ins Leben. So versammelten sich etwa am 16. Oktober 1933 Repräsentanten der katholischen, orthodoxen und evangelischen Kirche sowie der Israelitischen Kultusgemeinde auf Einladung Kardinal Innitzers im Wiener Erzbischöflichen Palais, um Hilfsmaßnahmen zu besprechen. Am 16./17. Dezember 1933 fand im Erzbischöflichen Palais eine internationale Konferenz der Vertreter aller Organisationen statt, die an der Hilfeleistung für die in der Sowjetunion verhungernden Menschen beteiligt waren.
Innitzer war mit seiner Initiative weitgehend allein und stand zwischen allen Fronten: Auf der einen Seite wies die Sowjetregierung in Moskau alle Behauptungen von der Notlage und dem Hunger im Lande als "freie Erfindung und Lüge der Agenten des Auslandes" zurück. Auf der anderen Seite fürchtete die westliche Welt Unannehmlichkeiten und Handelshemmnisse mit der UdSSR und blieb aus diesem Grund untätig.
"Holodomor"-Gedenken am 24. November
Jedes Jahr am 24. November wird in der Ukraine und in vielen weiteren Länder der Opfer des "Holodomor" gedacht. In der "Holodomor"-Gedenkstätte in der ukrainischen Hauptstadt Kiew wird an den Einsatz des Wiener Erzbischofs mit einer Schautafel erinnert.
Wie am Rande der Begegnung zwischen Schönborn und Klimkin bekannt wurde, ist für den Herbst 2019 im Gedenken an die Hilfe Innitzers eine gemeinsame österreichisch-ukrainische interreligiöse Gedenkveranstaltung in Wien angedacht. Für Details sei es aber noch zu früh, wie der griechisch-katholische Generalvikar Yuriy Kolasa gegenüber "Kathpress" sagte.
Weiters kam bei der Begegnung im Erzbischöflichen Palais auch die schwierige kirchliche Situation in der Ukraine zur Sprache. Details dazu wurden nicht bekannt gegeben, Schönborn gab jedoch einmal mehr seiner Hoffnung Ausdruck, dass es zu einer friedlichen Regelung komme und auch die Kirchenspaltung zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel bald ein Ende finde. Klimkin informierte den Kardinal, dass die Vorbereitungen zur umstrittenen gesamtukrainischen orthodoxen Kirchenversammlung bereits begonnen hätten.
(Copyright 2018 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich,
Alle Rechte vorbehalten)