Ukrainische Ordensfrau an Österreicher: "Bleibt wachsam!"
Mit einer Botschaft des Dankes und zugleich der Bitte um weitere Hilfe hat sich die ukrainische Ordensschwester Alfonsa Karapata an die Menschen in Österreich gewandt. Die Ukrainerinnen und Ukrainer seien zutiefst dankbar für die viele Hilfe, die sie u.a. auch aus Österreich bekommen hätten, so die Ordensfrau im Kathpress-Interview, "sonst hätten wir es nicht schon so lange ausgehalten." Sie wolle zugleich inständig darum bitten, dass diese Unterstützung auch weiterhin aufrecht bleibt. Beim Krieg Russlands gegen die Ukraine gehe es nicht um Territorien, sondern um einen Kampf zwischen verschiedenen Wertesystemen und Gesellschaftsvorstellungen. Insofern gelte der Angriff Russlands ganz Europa.
"Bleibt wachsam und setzt euch für Demokratie und Freiheit ein", so der Appell Sr. Alfonsas an die Österreicherinnen und Österreicher. Und: "Helft uns, den Krieg noch auf unserem Territorium zu stoppen und zu verhindern, dass er sich auf andere Länder ausbreitet."
Niemand in der Ukraine wisse, wie es weitergeht, "aber wir sind nicht naiv, sondern realistisch." Es würden wohl keine Wunder passieren und es liege nicht in der Hand der Ukraine, dass es zu einem raschen gerechten Frieden kommt. Was den Menschen in der Ukraine bleibt? - "Wir haben unsere Hoffnung und unser Gebet. Wir beten um einen gerechten Frieden und wir werden weiterhin zusammenhalten und unser Land verteidigen." Wie es den Menschen in der Ukraine wirklich geht, könne man nur verstehen, wenn man selbst Krieg erlebt habe.
Alfonsa Karapata ist Provinzoberin der Missionsschwestern vom heiligsten Erlöser, einem sehr jungen Orden, der 1998 in der Ukraine gegründet wurde. Derzeit gehören zur Gemeinschaft 27 Schwestern, die in fünf Häusern in Lemberg, Kamjanetz-Podilskij (Mittelukraine) und Tschernihiw (im Nordosten von Kiew) wirken. Tschernihiw wäre beim ersten Angriff der Russen im Februar/März 2022 fast eingenommen worden
Seit Kriegsbeginn vor drei Jahren habe sich das Leben der Schwestern fundamental gewandelt, berichtete die Oberin. Von Anfang an habe man sich für die Opfer des Krieges engagiert. In der ersten Zeit gingen einige Schwestern mit Flüchtlingen nach Deutschland und Österreich und sogar nach Irland, um den Menschen vor Ort zu helfen: bei Behördenwegen, bei der Suche nach Unterkünften und um ihnen auch seelsorglich beizustehen. In den Häusern des Ordens in der Ukraine wurden Binnenflüchtlinge aufgenommen. Karapata: "In einem unserer Häuser hat eine muslimische Frau ihr Kind zur Welt gebracht. Das war eine sehr bewegende Erfahrung des Zusammenhalts und auch der Hoffnung."
Im ersten Kriegsjahr ging es vor allem um die materielle Versorgung der Geflüchteten, inzwischen hätten sich die Aufgaben etwas gewandelt. "Wir beherbergen immer noch einige Familien, aber inzwischen geht es vor allem auch darum, den Menschen psychologisch beizustehen", erläuterte die Ordensfrau: "Der Krieg dauert nun schon so lange und kostet uns allen so viel Kraft. Wir können den Krieg nicht beenden, aber wir können und müssen die Menschen begleiten."
Einige Schwestern sind ausgebildete Therapeutinnen. Sie bemühen sich um Familien, die Angehörige im Krieg verloren haben oder deren Angehörige gerade kämpfen. Weitere Angebote gibt es auch für Familien, deren Angehörige vermisst sind oder sich in russischer Gefangenschaft befinden. Alle hätten besondere Nöte und Bedürfnisse, auf die man jeweils spezifisch einzugehen versuche, so Sr. Alfonsa.
Die Schwestern bemühen sich auch auf handfeste, kreative Weise, die seelischen Wunden zu heilen. Sr. Alfonsa: "Die Soldaten bringen uns leere großkalibrige Patronenhülsen. Diese haben Tod und Leid gebracht. Wir bemalen sie und verwandeln sie so in kleine Zeichen der Hoffnung auf eine Welt in Frieden und Gerechtigkeit." Und sie fügte in Richtung der Österreicherinnen und Österreicher hinzu: "Wir sind euch sehr dankbar, allein schon, wenn ihr an uns denkt. Das zu wissen und zu spüren, gibt uns Kraft. Wir brauchen das dringend!"
Sr. Alfonsa Karapata gehört zu den Gründungsmitgliedern der Missionsschwestern vom heiligsten Erlösers und ist seit 2020 die Provinzoberin. Zuvor lebte und wirkte sie viele Jahre im Libanon, der auch immer wieder von Krisen und Konflikten gebeutelt wird. Zudem steht die Ordensfrau der Ordenskonferenz der 23 Frauenorden in der Griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine vor und unterrichtet an der Katholischen Universität in Lemberg.
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