Ukrainischer Caritasdirektor: Hoffen auf "Sieg der Gerechtigkeit"
Rund 40 Caritas-Mitarbeitende aus den am meisten vom Kriegsgeschehen betroffenen Regionen in der Ukraine halten sich derzeit zu einem Erholungsurlaub in Österreich auf. Unter ihnen befindet sich Vasyl Panteliuk, Direktor der Caritas Donezk, der im Kathpress-Interview in Wien über die herausfordernde Arbeit der Hilfsorganisation im Kriegsgebiet berichtete. Zur Frage, was den Caritas-Mitarbeitern die Kraft zum Weitermachen gebe, sagte Panteliuk: "Unser Glaube, die Solidarität der internationalen Caritas-Familie und unsere Hoffnung auf einen Sieg der Gerechtigkeit".
Die Caritas bemühe sich auf vielfältige Weise um Hilfe für Menschen in Not, seien es Binnevertriebene, alte Menschen, Behinderte oder traumatisierte Kinder. Man habe auch immer wieder bei Evakuierungen aus dem unmittelbaren Kriegsgebiet geholfen, so Panteliuk. Sein Dank gelte der Caritas in Österreich, aber auch dem österreichischen Staat für die vielfältige Hilfe für das ukrainische Volk.
Die Caritas Donezk kann längst nicht mehr von ihrem früheren Hauptquartier aus operieren, da sich fast die gesamte Region Donezk in russischer Hand befindet. "Wir arbeiten von Dnipro aus", berichtete Panteliuk. Und er wolle die Hoffnung nicht aufgeben, einmal wieder nach Donezk zurückzukehren, fügte er hinzu.
"Die Ukraine bleibt standhaft, kämpft und betet", so der Caritasdirektor unter Verwendung eines Zitats des ukrainisch-katholischen Großerzbischofs Swjatoslaw Schewtschuk. Die Mitarbeitenden der Caritas seien auch selbst von den Folgen des Kriegs ganz unmittelbar betroffen. Viele hätten in sichere Gebiete fliehen müssen, so auch alle Mitarbeiter der Caritas Donezk. Einige hätten Angehörige verloren. Und es gebe auch Caritas-Mitarbeiter, die ums Leben kamen, so Panteliuk.
Fünf seiner engeren Verwandten wären bisher in die ukrainische Armee eingezogen worden, berichtete der Caritasdirektor weiter. Einer wurde getötet, einer schwer verwundet und ein Dritter werde vermisst.
"Wir gehen zurück"
In Dnipro gibt es allein 185.000 Binnenvertriebene, die es zu versorgen gilt. Die Region in relativer Nähe zum Kriegsgebiet sei zudem besonders stark von Raketenangriffen betroffen, berichtete die Caritas-Mitarbeiterin Liubov Panteliuk. "Manchmal gibt es bis zu 18 Stunden am Tag Bombenalarm." Die Angst sei ein täglicher Begleiter. "Man kann aber nicht immer nur in Angst leben. Anderen zu helfen, hilft einem auch selbst, mit der Situation umzugehen."
Der Versuchung, in Österreich zu bleiben, werde sie sicher nicht verfallen, so die Caritas-Mitarbeiterin. "Wir gehen zurück. Die Menschen in der Ukraine brauchen uns. Wir hätten schon viel früher flüchten können."
Hilfe braucht langen Atem
Der Wiener Caritasdirektor und Caritas-Vizepräsident Alexander Bodmann sagte gegenüber "Kathpress", dass die humanitäre Hilfe in der Ukraine nach wie vor einen langen Atem brauche. Zur humanitären Hilfe kämen zudem viele weitere Herausforderung. Etwa Hilfe für die zunehmend große Zahl der Kriegsversehrten und ganz allgemeine Hilfe zur Heilung der Kriegstraumata.
Über 48.000 Luftalarme seien in den zweieinhalb Jahren im ganzen Land gezählt worden. Im besten Fall bleibe ein solcher Alarm ohne Folgen, weil Raketen und Drohnen abgefangen werden konnten, im schlimmsten Fall folgten auf Sirenen jedoch Verwüstung und Tod. Aber allein schon die psychische Belastung sei eigentlich nicht vorstellbar, so Bodmann, der selbst immer wieder vor Ort ist.
Bei all dem Leid gebe es auch immer wieder kleine Zeichen der Hoffnung. "Wir konnten beispielsweise 140 Binnenvertriebene mit kleinen Krediten beim Aufbau kleiner Unternehmen in der Westukraine unterstützen, so Bodmann. "Diese Investitionen ermöglichen den Menschen, ein eigenes neues Leben aufzubauen." Insgesamt hat die Caritas-Hilfe seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 mehr als vier Millionen Menschen in der Ukraine erreicht.
Elbs: "Hoffnungsträger der Liebe Christi"
Die 40 Ukrainerinnen und Ukrainer befinden sich dieser Tage auf Einladung der Österreichischen Bischofskonferenz in Österreich, um sich knapp zwei Wochen von den Strapazen ihrer Arbeit zu erholen. Caritas-Bischof Benno Elbs hat sich in einer Videobotschaft an die Gäste aus der Ukraine gewandt. Caritas heißt Nächstenliebe, so Elbs. Die ukrainischen Caritas-Mitarbeitenden seien "Zeichen und Hoffnungsträger der Liebe Christi in der Welt", wie Elbs unter Verweis auf Papst Franziskus betont.
Es sei nur allzu verständlich, dass die Helfer in ihrer Arbeit auch oft an die Grenzen der Belastbarkeit kommen würden. Angst und auch Hoffnungslosigkeit seien mögliche Folgen. Deshalb brauche es Zeiten der Erholung und Momente des Aufatmens. Das solle die Zeit in Österreich leisten, die damit auch zur "Quelle der Kraft und der Zuversicht" für weitere Einsätze in der Ukraine sein soll. Zugleich wollten die österreichischen Bischöfe mit ihrer Einladung auch Danke sagen für den Einsatz der Caritas in der Ukraine, so Elbs.
Die Aktion findet in Kooperation mit den ukrainisch-katholischen Pfarren in Österreich und der Caritas statt. Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa hob gegenüber Kathpress diese Zusammenarbeit hervor, die die Hilfsaktion erst ermöglicht habe. Auch Klöster beteiligen sich. So werden die 40 Ukrainerinnen und Ukrainer in den kommenden Tagen auch Göttweig, Heiligenkreuz und Klosterneuburg besuchen. Am Sonntag ist die Gruppe in der ukrainisch-katholischen Gemeinde in Baden zu Gast. Die Gemeinde besteht zu 90 Prozent aus Geflüchteten.
Zu Allerheiligen wird die ukrainische Gruppe zum Abschluss ihres Aufenthalts am Festgottesdienst im Stephansdom teilnehmen, dem Kardinal Christoph Schönborn vorsteht. Im Anschluss ist auch ein Austauschtreffen der Caritas-Mitarbeitenden mit dem Wiener Erzbischof geplant.
Wie Kolasa und Bodmann gegenüber Kathpress ankündigten, werden noch drei weitere Caritas-Gruppen aus der Ukraine in Österreich erwartet. Sie werden ebenfalls für jeweils rund zwei Wochen in den Diözesen St. Pölten, Salzburg, Feldkirch, Innsbruck und Gurk-Klagenfurt zu Gast sein.
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