Glettler: Ukrainer wollen gerechten und andauernden Frieden
Die vom Krieg betroffene ukrainische Bevölkerung sehnt sich "nach einem gerechten und andauernden Frieden" und benötigt gleichzeitig eine anhaltende Solidarität: Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler im Interview mit dem "Tiroler Sonntag" (Ausgabe 25. Juli) betont. Gemeinsam mit Yuriy Kolasa, dem Generalvikar des Ordinariats für die katholischen Ostkirchen in Österreich, besuchte Glettler Anfang Juli Pfarren, Kriegsverwundete und Sozialprojekte. Tief beeindruckt zeigte sich der Bischof von "der trotzigen Hoffnung" der Ukrainer, warnte jedoch zugleich vor der russischen Propaganda, die den sozialen Zusammenhalt der Bevölkerung zu zerstören versuche. "Der Beschuss des Kinderspitals in Kiew war ein trauriger Höhepunkt dieser perversen Logik", so Glettler.
Trotz der Sehnsucht nach Frieden und einem Ende des Angriffskriegs würden die ukrainischen Bischöfe vor einem naiven Pazifismus warnen, sagte Glettler, "weil Verhandlungen mit einem machtbesessenen Tyrannen, der das Existenzrecht der Ukraine leugnet, schlichtweg absurd sind".
Sozial-karitative Einrichtungen haben in der Ukraine derzeit eine besondere Bedeutung. "Der Wahnsinn des Krieges" werde besonders in Militärspitälern, Kriegsdenkmälern und Friedhöfen sichtbar, erklärte der Bischof, etwa wenn schwer verletzte, verstümmelte und traumatisierte Männer bruchstückhaft von ihren Erlebnissen erzählen. "Die Tränen der jungen, verwitweten Frauen und ihrer Kinder werde ich nicht vergessen", so der Bischof.
Das Ziel der Solidaritätsreise sei es gewesen, den Menschen die Gewissheit zu geben, dass sie nicht vergessen werden. Glettler rief zur Unterstützung der Vertriebenen aus der Ukraine auf und schlug Patenschaften zwischen österreichischen und ukrainischen Pfarren vor, um nachhaltige Zeichen der Hoffnung zu setzen. "Die Zeit nach dem Krieg muss schon jetzt vorbereitet werden", betonte der Bischof.
Auch in einem Beitrag der "Tiroler Tageszeitung" am Freitag unterstrich Glettler die Bedeutung des Gebets zur Stärkung der Hoffnung, besonders in Krisenzeiten. Er hob die Rolle der griechisch-katholischen Pfarren hervor, die als Orte des Gebets und der Gemeinschaft in der Westukraine wichtige Unterstützung bieten. "Mich hat enorm beeindruckt, dass sie nicht apathisch auf den Tag X warten, sondern mit feinem sozialem Gespür das Beste aus der traurigen Situation machen", so Glettler.
Caritas: Krieg geht weiter
Auch der Fokus der Hilfe vonseiten der Caritas liege momentan verstärkt auf psychosozialer Unterstützung und mobilen medizinischen Angeboten, besonders für ältere und kranke Menschen, die nicht fliehen konnten, berichtete Caritas-Auslandshilfegeneralsekretär und "Nachbar in Not"-Vorstand Knapp in einer Aussendung am Freitag. In speziellen sicheren Räume erhielten Kinder zudem auf spielerische Art Unterstützung bei der Bewältigung von Traumata.
"Der Krieg geht Tag für Tag mit voller Härte weiter und verursacht unbeschreibliche Not. Umso wichtiger ist es, dass unser Einsatz in der Ukraine weiterläuft", so Knapp, der auch zu Spenden aufrief. "Wir dürfen die Menschen in der Ukraine nicht vergessen, an den Krieg und das Leid gewöhnt man sich nicht. Unsere Hilfe wird weiterhin dringend gebraucht und noch einen langen Atem benötigen."
2,3 Millionen Menschen habe "Nachbar in Not" gemeinsam mit Hilfsorganisationen seit Kriegsbeginn bereits unterstützen könne - insbesondere durch Bereitstellung von Notunterkünften, Lebensmitteln, Hygieneartikeln und medizinischer Versorgung. Nach zwei Kriegsjahren, in denen viele Menschen in der Ukraine keine Möglichkeit mehr hatten zu arbeiten, bräuchte es nun aber weitere Unterstützungsprogramme wie Starthilfen für die Gründung kleiner Unternehmen. Die Menschen sollten so wieder die Möglichkeit erhalten, Geld zu verdienen und sich wieder selbst zu versorgen, so Knapp. Neben finanzieller Starthilfe werden auch Schulungen und Fortbildungen, zum Beispiel in der Landwirtschaft angeboten.
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