Liturgiestreit in indischer Ostkirche könnte gelöst sein
Ein jahrelanger Liturgiestreit in der mit Rom verbundenen Syro-Malabarischen Kirche in Indien könnte nach Zugeständnissen beider Seiten nun beendet werden. Ein von Großerzbischof Raphael Thattil unterstützter Kompromiss besagt, dass in Pfarren der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly an Sonn- und Feiertagen wenigstens ein Gottesdienst in der von der Synode der Ostkirche 2021 beschlossenen einheitlichen Form gefeiert wird. Dabei dreht sich der zelebrierende Priester während des eucharistischen Gebets mit dem Rücken zur Gemeinde und blickt zum Altar. Genau das lehnen zahlreiche Priester und Laien in der Erzdiözese ab und bestehen darauf, dass die Priester alle Teile der Liturgie mit dem Gesicht zur Gemeinde feiern. Dies soll nun auch möglich bleiben, wie das Onlineportal "Ucanews" berichtet.
Die mögliche Lösung des jahrzehntelangen Konflikts, der bis in den Vatikan und zum Papst getragen wurde und sich zuletzt bis hin zu Exkommunikations-Androhungen verschärft hatte, kam kurz vor dem Thomasfest am 3. Juli. Das Fest hat für die Gläubigen der syro-malabarischen Kirche besondere Bedeutung, ist ihre Kirche doch die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll.
"Der Liturgiestreit ist beigelegt", sagte Kuriakose Mundadan, Sekretär des Priesterrats in der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly am 3. Juli zu "Ucanews". Positive Signale kamen auch vom "Archdiocesan Moment for Transparency" (AMT), einer Vereinigung von Priestern, Ordensleuten und Laien, die die Proteste gegen die von der Kirchensynode genehmigten Rubriken, also die Anweisungen zur Feier der Liturgie, angeführt hat. "Wir sind froh, dass man uns erlaubt hat, unsere traditionelle Messe zu feiern", sagte AMT-Sprecher Kanjookaran. Man wolle in Zukunft keinen Streit über den Gottesdienst.
Ob die Kompromissformel langfristig hält, ist aber noch offen. Nach indischen Medienberichten vom Donnerstag wurden zum Thomasfest in rund drei Viertel der Kirchen ein Gottesdienst in der von der Synode vorgeschriebenen Form gefeiert. Vertreter von Laienorganisationen behaupteten demnach, dass die Beteiligung der Gläubigen dabei in den meisten Kirchen gering gewesen sei. An einigen Orten seien Priester auch von Gemeindemitgliedern an der Feier der Messe in der von der Synode gebilligten Form gehindert worden.
Als einziges der 35 syro-malabarischen Diözesen lehnten die Priester und Laien der Erzdiözese Ernakulam-Angamaly die einheitliche Form der Messe bisher ab. Die Erzdiözese im Bundesstaat Kerala im Südwesten Indiens ist allerdings Zentrum und Ursprungsgebiet der syro-malabarische Kirche. Nach Schätzungen leben dort rund zehn Prozent der weltweit rund 5 Millionen Gläubigen. In der Stadt Kochi in der Erzdiözese ist auch Sitz von Großerzbischof Thattil.
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