Schönborn würdigt "Lebendigkeit" der katholischen Ostkirchen
Kardinal Christoph Schönborn hat die Lebendigkeit der katholischen Ostkirchen gewürdigt. Nach einer 250-jährigen Geschichte, die voller Freuden, aber zugleich auch voll von "großen Nöten und Leid" während der kommunistischen Verfolgung gewesen sei, sei die griechisch-katholische Kirche "wiederauferstanden" und stehe heute neuen Herausforderungen gegenüber, sagte Schönborn am Donnerstag bei einer Wiener Tagung den griechisch-katholischen Bischöfen Mitteleuropas. Schönborn begrüßte die Teilnehmer der Veranstaltung zum 250. Jahrestag der "Wiener Synode" der katholischen Ostkirchen in seiner Funktion als österreichischer Ordinarius für die Gläubigen ebendieser Kirchen im Erzbischöflichen Palais.
Schönborn verwies dabei auf die Vielgestaltigkeit der griechisch-katholischen Kirche, nicht nur wegen ihrer sprachlichen und kulturellen Hintergründe. So gehe es auch bei den katholischen Ostkirchen um die Frage, "wie vereinen wir die Einheit der Kirche mit der Vielfalt unserer Geschichten, Kulturen und Traditionen?", so der Wiener Erzbischof. Das Zweite Vatikanum habe "in aller Deutlichkeit klargemacht", dass die Kirche diese Vielgestaltigkeit vertrage.
Es sei Kaiserin Maria Theresias Anliegen gewesen, die Ostkirchen in eine Gemeinschaft zusammenzuführen, ohne dabei die Verschiedenheiten aufzulösen, erinnerte der Kardinal, der diesen Umstand als "Gnade des Habsburgerreiches" bezeichnete. Dieses Reich sei u.a. an der nationalistischen Ideologie des 19. Jahrhunderts gescheitert. Heute sehe Schönborn die Lebendigkeit und Vielgestaltigkeit dieser Gemeinschaft "mit großer Freude und Dankbarkeit". "Die Vielfalt der katholischen Ostkirchen braucht nicht durch Latinisierung garantiert zu werden", zeigte sich Schönborn überzeugt. Vielmehr sei die Vielfalt der liturgischen und pastoralen Traditionen ein wichtiges Zeichen der Lebendigkeit.
Noch bis Donnerstag sind die katholischen Ostkirchen-Bischöfe zu einer Gedenkfeier und Tagung in Wien. Die Bischofsversammlung habe das Ziel, "im Geiste der Synodalität sowohl die vergangenen als auch die aktuellen pastoralen Herausforderungen zu erörtern", erklärte Kardinal Schönborn im Vorfeld der Veranstaltung. Er hoffe sehr, "dass diese Tagung einen Beitrag zur Festigung der Rolle der katholischen Ostkirchen Mitteleuropas im Dienst der Weltkirche leisten wird".
Das dreitägige Treffen wurde am Dienstag mit einem Gebet in der Hofburgkapelle eröffnet. Der Mittwoch steht im Zeichen einer wissenschaftlichen Tagung. Bei dieser werden einzelne Bischofspersönlichkeiten der Geschichte behandelt, ebenso etwa liturgische, pastorale und kirchenrechtliche Fragen. Unter den Referenten ist u.a. der Wiener Ostkirchenexperte Prof. Thomas Nemeth, der selbst der Ukrainisch-katholischen Kirche angehört. Tagesabschluss ist eine Göttliche Liturgie im Wiener Stephansdom (18 Uhr).
Das Symposium wird vom Ostkirchenordinariat in Zusammenarbeit mit der Katholischen Hochschule ITI und dem Geistlichen Zentrum Orient-Occident in Kosice sowie der Theologischen Fakultät der Universität Trnava veranstaltet.
Am Donnerstag, 1. Juni, tagen zudem die griechisch-katholischen Bischöfe zu internen Fragen im Erzbischöflichen Palais. Rund 15 Erzbischöfe, Bischöfe und Weihbischöfe der verschiedenen katholischen Ostkirchen haben ihr Kommen zugesagt.
Am 1. Juni findet eine Göttliche Liturgie in der griechisch-katholischen Zentralpfarre St. Barbara im Ersten Wiener Gemeindebezirk statt, in der offiziell eine neue Seelsorgestelle für die ungarischen griechisch-katholischen Gläubigen in Österreich errichtet wird, wie Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa gegenüber Kathpress ankündigte. An dem Gottesdienst wird u.a. Erzbischof Fülöp Kocsis, Metropolit der Ungarischen Griechisch-Katholischen Kirche, teilnehmen.
Kaiserin beruft Synode ein
Im Jahr 1773 berief Kaiserin Maria Theresia die damaligen griechisch-katholischen Bischöfe des ungarischen Teils der Habsburgermonarchie zu einer Synode nach Wien. Bei deren Ergebnissen handelt es sich bis heute um eine der wichtigsten historischen und legislativen Grundlagen für die katholischen Ostkirchen Mitteleuropas. Betroffen waren die damaligen Diözesen Mukachevo, Krizevci und Fagaras, deren Oberhirten an der Wiener Synode teilnahmen. Die Synode regelte bis 1918 das kirchliche Leben in den katholischen Ostkirchen in der Habsburgermonarchie.
Insgesamt gibt es weltweit 23 katholische Ostkirchen. Nicht wenige davon haben in Österreich Gemeinden. Zu den in Österreich vertretenen byzantinischen katholischen Ostkirchen gehören die Ukrainische, Rumänische, Slowakische und Melkitische Griechisch-katholische Kirche sowie vereinzelt Gläubige der Griechisch-katholischen Kirche in Ungarn, der Griechisch-katholischen Kirche in Serbien (Eparchie Sankt Nikolaus Ruski Krstur) sowie der griechisch-katholischen Eparchie von Mukachevo (Ukraine).
20.000 Gläubige in Österreich
Gegenwärtig leben in Österreich schätzungsweise bis zu 20.000 Gläubige, die einer katholischen Ostkirche angehören. Zu den byzantinischen katholischen Ostkirchen kommen dabei auch noch einige orientalische katholische Ostkirchen. Dem Ordinariat gehören derzeit 78 Priester an. Es gibt die Zentralpfarre "St. Barbara" in Wien und 34 Seelsorgestellen, verteilt auf ganz Österreich. Mehr als 90 Prozent der Gemeinden befinden sich im städtischen Milieu. Der jeweilige Erzbischof von Wien - also derzeit Kardinal Christoph Schönborn - steht den katholischen Ostkirchen als Ordinarius vor. Er trägt damit die bischöfliche Letztverantwortung. Generalvikar des Ordinariats ist Erzpriester Yuriy Kolasa.