Bischof von Odessa: Ukraine ist durch Putin zur Einheit geworden
as gemeinsame Standhalten gegen Russlands Angriffskrieg hat der Ukraine nach den Worten des Bischofs von Odessa, Stanislaw Szyrokoradiuk, Zusammenhalt und damit auch Selbstbewusstsein gegeben. "Wir sind zu einer Einheit geworden, wenngleich um einen sehr hohen Preis", blickte der römisch-katholische Bischof im Telefoninterview mit der Nachrichtenagentur Kathpress zum ersten Jahrestag des Kriegsbeginn zurück. Dass die Ukraine weiterhin der Übermacht "wie David gegen Goliath" standhalte, bezeichnete der Geistliche aus dem Franziskanerorden als "Wunder".
"Trotz der vielen Kriegs-Trauma sind wir stärker geworden, nicht nur militärisch, sondern auch psychologisch und religiös. Wir fühlen uns heute sicherer als früher, und viele Menschen wollen ihr Land weiter verteidigen", sagte der Bischof. Wesentlich dazu beigetragen hätten die weltweite Solidarität und Unterstützung für die Ukraine, jedoch auch der religiöse Glaube der Menschen. Die Bitte um "echten, gerechten Frieden" stehe im Zentrum der vielen Gebete, die in der Ukraine rund um den Jahrestag und sonst auch Tag für Tag gesprochen werden, berichtete Szyrokoradiuk.
Dieser erhoffte Friede, der der Ukraine Freiheit garantieren würde, ist aus der Sicht des Bischofs aber nur durch einen Sieg über Russland möglich. Hingegen wäre ein Verhandlungsfriede mit Gebietsabtritten ein "falscher Friede". Szyrokoradiuk: "Das würde nur eine kurze Pause bewirken, nach der uns Wladimir Putin dann erneut angreifen wird". Da Russlands Machthaber nur auf militärische Gewalt höre, sei die Ukraine bereit, "für einen echten Frieden bis zum Ende zu kämpfen".
Zuversichtlich stimmt den Bischof von Odessa besonders die breite Unterstützung aus dem Westen. Im Unterschied zu den langen Jahren nach der Krim-Annektierung und des Kriegsbeginns in der Ostukraine habe die Welt seit dem 24. Februar 2022 "endlich die Augen geöffnet und erkannt, was der russische Faschismus wirklich bedeutet". Zu lange habe Europa Putin blind geglaubt. Nun sei klar geworden, dass Russland einen "Genozid am ukrainischen Volk" verübe und eine Politik verfolge, die "für die ganze Welt gefährlich" sei.
Noch weiterhin von "Blindheit" betroffen ist laut Szyrokoradiuk die Bevölkerung Russlands, die den Angriff auf die Ukraine laut Umfragen weiter mehrheitlich befürwortet. Verübeln könne er den Russen die Haltung nicht, habe er doch auch selbst in der einstigen Sowjetzeit der Staatspropaganda geglaubt. "Wir in der Ukraine waren damals auch blinde Sklaven, sind jetzt aber frei. Ich hoffe, dass dieser Wandel auch in Russland eines Tages kommt."
Hoffnung setzt Szyrokoradiuk auch auf den Papst. Auch wenn Franziskus noch nicht nach Kiew gekommen sei, habe das katholische Kirchenoberhaupt durch seine ständigen Friedensaufrufe viel beigetragen, dass nicht auf die Ukraine vergessen wird. Ein großer Teil des Einsatzes des Papstes für die Ukraine geschehe zudem von der Weltöffentlichkeit unbemerkt: So habe Franziskus etwa bereits wesentlich zu Gefangenenaustauschen beigetragen und dem gemarterten Land durch Spenden oder Hilfstransporte seines Almosenmeisters Kardinal Konrad Krajewski geholfen. Für die Ukraine sei diese Unterstützung "sehr wichtig", betonte der Bischof.