Ukrainischer Ostkirchen-Generalvikar dankt Österreich für Solidarität
Dankbar für die Solidarität aus Österreich für die Menschen in der Ukraine hat sich Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa gezeigt. Er verwies am Montag gegenüber Kathpress auf die österreichweiten Gedenkveranstaltungen vom vergangenen Wochenende, bei denen Österreichs Bischöfe der Opfer des Holodomor vor 90 Jahren wie auch der gegenwärtigen Opfer des russischen Angriffs auf die Ukraine gedachten. Vor 90 Jahren fielen in der Ukraine bis zu acht Millionen Menschen einer von den Sowjets absichtlich herbeigeführten Hungerkatastrophe zum Opfer. Der "Holodomor" ("Hungermord") hat sich unauslöschlich in das Bewusstsein des ukrainischen Volkes eingebrannt.
Kolasa hob zudem auch den jüngsten Holodomor-Vorstoß im Parlament hervor. ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos haben einen parlamentarischen Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Bundesregierung ersucht wird, auch weiterhin entschlossen dafür einzutreten, dass Hunger und Mangel nicht als Waffe gegen die Zivilbevölkerung oder als Druckmittel gegen Regierungen eingesetzt werden dürfen. Auch sollten die Parallelen zwischen der Geschichte und der Gegenwart aufgezeigt und entsprechende Verbrechen verurteilt werden. Es sei vor allem vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wichtig, den Holodomor nicht zu vergessen und dafür Sorge zu tragen, dass derartiges nicht mehr passiert. - Der Antrag wird am 1. Dezember in den Menschenrechtsausschuss eingebracht. Auch die FPÖ hat ihre Zustimmung zugesagt.
In zahlreichen österreichischen Diözesen fanden am vergangenen Samstag, 26. November, Gottesdienste mit den Bischöfen zum Gedenken an den "Holodomor" statt. Vor 90 Jahren haben fast die ganze Welt geschwiegen, als Millionen von Ukrainern ermordet wurden, so Generalvikar Kolasa beim Gottesdienst. Der damalige Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer (1875-1955) sei einer der ganz wenigen Vertreter des Westens gewesen, der sich für die Hungeropfer einsetzte. Nun finde dieses Gebet in jener Kathedrale statt, wo Innitzer in der Krypta begraben ist.
Opfer erhalten ihre Würde zurück
Mit dem Gedenken und der Verurteilung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhielten die Opfer ihre Würde zurück, betonte Kolasa. Dies sei auch die Voraussetzung für die Heilung der Wunden und für Versöhnung.
"Wenn man die Ereignisse vom Holodomor studiert, dann überfällt einen Grauen", sagte Dompfarrer Toni Faber. Er sprach von einer "schrecklichen, himmelschreienden Sünde", die dem ukrainischen Volk angetan worden sei, und zog mit Verweis auf Aussagen von Papst Franziskus Parallelen zu den letzten Kriegsmonaten in der Ukraine.
An dem Gebet im Stephansdom nahmen neben Kolasa und Faber u.a. auch Weihbischof Franz Scharl in Vertretung von Kardinal Christoph Schönborn und der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, sowie Priester der ukrainischen orthodoxen und griechisch-katholischen Gemeinden sowie Vertreter der ukrainischen protestantischen Gemeinden in Wien teil. Im Anschluss an den Gottesdienst wurden Kerzen im Gedenken an die Opfer angezündet.
Botschafter fordert Völkermord-Anerkennung
"Das Ziel des sowjetischen Diktators war es, so viele Ukrainerinnen und Ukrainer töten zu lassen und den Rest in die Knie zu zwingen", sagte der ukrainische Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets, in seiner Ansprache im Dom. Er sprach von einer traurigen, jedoch zum Scheitern verurteilten Tradition der letzten drei Jahrhunderte, alles Ukrainische tilgen zu wollen. Nach Peter dem Großen und Stalin würde auch Wladimir Putin damit scheitern, versicherte er. Khymynets forderte auch im Stephansdom den österreichischen Nationalrat auf, den Holodomor als Völkermord an den Ukrainern anzuerkennen.
In einer temporären Ausstellung im Stephansdom wurden am Samstagabend die Parallelen zwischen den Ereignissen vor 90 Jahren und heute betont: Gezeigt wurden Fotografien der letzten Kriegsmonate in Kombination mit jenen historischen Fotos, die der österreichische Ingenieur Alexander Wienerberger während des Holodomor in der Region Charkiw aufgenommen und Kardinal Innitzer übergeben hatte.
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